Südkurier 2011

Grenzenlose Ausdrucksmöglichkeiten
Tenorsaxophonisten Andy Scherrer und Donat Fisch begeisterten im Villinger Jazzkeller

Es ist kein musikalischer Wettkampf, kein exhibitionistisches Schaulaufen zweier ausgesprochen ausdrucksstarker Saxofonisten, die da nebeneinander auf der kleinen Bühne stehen. Hier will und muss keiner dem anderen etwas beweisen, vielmehr steht das gemeinsame Musizieren, die Kommunikation ganz im Mittelpunkt und lädt das Publikum dazu ein, gespannt und gebannt dabei zu sein. Diesem Quartett, mit den beiden Tenorsaxophonisten zuzuhören, das am Samstagabend im voll besetzten Villinger Jazzkeller spielte, war ein wirklicher Ohrenschmaus.
Der eine ist bekannt und eine Institution in Jazzkreisen südlich des Main: Andy Scherrer seit vielen Jahren charismatischer Saxophon-Lehrer der Swiss Jazz School. Der andere gilt, auch wenn er die 50 schon hinter sich hat, in seinem Heimatland Schweiz noch immer als Geheimtipp: Donat Fisch, Saxofonist und Schüler von Scherrer steht seinem Mentor mittlerweile als gleichwertiger Musiker gegenüber. Beide zeigen in dem Quartett die schier grenzenlosen Ausdrucksmöglichkeiten des Tenorsaxophones. Altmeister Scherrer lässt unaufgeregt und expressiv sein Horn erklingen, und bei aller spürbaren Achtung vor den Saxophonheroen von Coleman Hawkins bis John Coltrane erzählt er seine ganz eigenen Geschichten. Ohne Klischees mit einer schier unerschöpflichen Palette von Klangmotiven steht dem Donat Fisch gegenüber, der sich im spannenden und stets voller Überraschungen steckenden Wechselbad zwischen Melodien und vertrackten Improvisationsstückchen am Wohlsten zu fühlen scheint.
Beide könnten nicht so überzeugend und gleichsam relaxed agierend, wenn da nicht diese traumhaft eingespielte Rhythmusgruppe wäre, mit dem immer neue Anstösse gebenden Bassisten Bänz Oester und den sicheren Rhythmusgeflechten des Schlagzeugers Norbert Pfammatter.
Die Musik des Quartetts aus der Schweiz steckt voller vielschichtiger Strukturen. Die vier Akteure erzeugen einen groovigen Drive, der das Zuhören zum kurzweiligen Genuss macht und ein breites Spektrum abdeckt.

Friedhelm Schulz

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